500 Wörter für ein Buch

500 Wörter für ein Buch

Am Freitag gab mir eine Kollegin die Gelegenheit, ein Buch in ihrem Blog Wortwucher vorzustellen. Herzlichen Dank, Dorothea Stiller!

Traumtrunken

Dann fing sie an, sich zu fragen. Und mit diesen Fragen und dem Begreifen regneten Tränen vom Himmel und zwangen sie, den Friedhof schnell zu verlassen.“

An Michaelas 19. Geburtstag wird ihr bewusst, dass sie von den Mitbewohnerinnen ihrer Wohngemeinschaft ausgenutzt wird. Die Angst vor Einsamkeit, die sie spürt, seit ihre Mutter sie als Kind verlassen hat, hält sie von einem Auszug ab. Ein Jahr später entschließt sie sich, ein eigenes Apartment zu mieten und lernt Atze kennen, dessen aufdringliche Art sie anfangs abstößt. Sie verabredet sich mit ihm und scheint gefunden, wonach sie lange Zeit gesucht hat. Wenige Monate später zieht sie in seine Wohnung ein. Atze ist Fernfahrer und wochentags meist unterwegs. Michaela fühlt sich alleingelassen und macht ihm Vorwürfe. Doch er möchte seinen Job für sie nicht aufgeben, auch wenn er sich Sorgen um sie macht.

Es war anders. Es war schlimmer. Viel schlimmer. Sie horchte nach drüben. Nichts. Stille. Noch nicht einmal der Fernseher lief.Atze tat ihr leid. Aber jetzt hinübergehen und sich bei ihm entschuldigen? Das konnte sie nicht.“

Plötzlich ist er da – Michaelas Wunsch nach einem Baby, der alle Probleme lösen soll. Atze macht Michaela trotz anfänglicher Begeisterung klar, dass er ihr diese Verantwortung nicht zutraut. Sie resigniert und verliert das Vertrauen in ihn. Warum soll sie das nicht schaffen? Nur weil ihre Mutter es nicht geschafft hat? Sie sucht sich Möglichkeiten der Ablenkung, verbringt die Nachmittage auf Spielplätzen, um ihre Sehnsüchte nach einem Kind zu stillen. Atze wird eines Tages Zeuge davon. Auch in ihrem gemeinsamen Urlaub interessiert sich Michaela nur für den kleinen Rico und versetzt Atze bei gemeinsamen Ausflügen. Als sie nach Hause zurückkehren, begegnet Rico ihr in ihren Gedanken. Er steht vor ihr, lacht sie an und beginnt, für Michaela real zu existieren. Mit ungeahnten Folgen.

Nichts, was ihm aufgefallen war in all den Wochen, und nun das! Seine Frau halluzinierte! Backte Kuchen und feierte Geburtstag mit einem Kind, was nicht existierte! Atze konnte gar nicht glauben, dass er am Donnerstag so ruhig geblieben war. Aber er musste erst mit ihrer Chefin reden, auch wenn er sich schlecht dabei vorkam. Wie ein eifersüchtiger Ehemann, der wissen wollte, ob seine Frau letzten Mittwoch arbeiten war.“

Erzählt wird in zwei Perspektiven. Michaela, die in Erinnerungen an ihre Kindheit und in Konflikten gefangen ist. Und Atze, der längst weiß, dass er nicht mehr ohne Michaela leben möchte. Aber keine Vorstellung hat, wie ein Leben mit ihr funktionieren kann. Auf ihren Höhepunkt zu geht die Geschichte, als Michaela tatsächlich schwanger wird und sie die unterschiedlichen Interessen der beiden Jungen vereinbaren muss. An ihrem letztem Arbeitstag vor dem Urlaub fiebert auch noch das Baby. Und Michaela lässt es mit seinem Bruder allein …

Sie nimmt das Baby mit ins Schlafzimmer hinüber, läuft schnell, als hätte sie es eilig. Doch sie muss es nicht mehr eilig haben. Rico sieht ihr nach, wie sie die Tür hinter sich schließt. Er kann nicht begreifen, was geschehen ist. Wer kann das schon?“