Nichts von ihm bleibt. A love story

Nichts von ihm bleibt. A love story

Eine Affäre, die ihre Familie überschattet
Erzählung
118 Seiten
Erschienen als E-Book und Taschenbuch bei Amazon

„Ich muss weg. Nach Hause“, sagte ich und ging auf ihn zu. Da nahm er den Arm, den er an der Wand ausgestreckt hatte und fasste mich am Handgelenk, zog mich zu sich. Ich spürte seinen nackten Körper ein letztes Mal an mir und schloss die Augen. Als ich sie öffnete, hatten sich Tränen darin gesammelt.
Zärtlich strich er mir über die Haare, fing mit seinem Zeigefinger eine Träne auf und sah mich dann an. „Tomorrow?“

Alexandra ist verzweifelt, sie liebt Daniel. Doch sie spürt, dass es ein Ende haben, dass er aus ihrem Leben verschwinden muss.


Nicht der schreckliche Traum der letzten Nacht, nicht meine Kinder noch mein Mann. Niemand konnte mich in diesem Moment abhalten von dem, was ich jetzt tat.
Mein Nachbar war ausgestiegen, die S-Bahn hielt schon eine Weile, da rannte ich los. Genau in dem Moment, in dem ich „Zurückbleiben bitte!“ hörte, sprang ich aus der Tür, die im gleichen Augenblick schließen wollte. Ich blieb kurz am Gleis stehen, überwältigt von meinem Aktionismus, und sah, wie die S-Bahn an mir vorüberfuhr. Ich strahlte innerlich.
Am Ausgang angekommen, rief ich Kerstin an und sagte ihr, dass ich mir heute noch frei nehmen und erst morgen im Büro sein würde. Ich bat sie, zwei Termine für mich zu verlegen. Sie wünschte mir einen schönen Tag und ich lächelte in mich hinein. Jetzt spürte ich meine Verliebtheit ganz deutlich und ich konnte gar nicht abwarten, im Hotel zu sein.

*

Heute kann ich mir kaum vorstellen, dass mir meine Familie so gleichgültig war. Diese andere Welt existierte nicht für mich, ich hatte nur ihn vor Augen und die gemeinsamen Stunden, die wir verbringen würden. Noch nicht einmal an ein Danach dachte ich.
Ich frage mich, wie ich so naiv sein konnte, doch diese Fragen nützen nichts mehr. Es ist vorbei, die Entscheidungen für mein Unglück längst getroffen. Ich war verliebt, das ist die einzige Erklärung, die ich heute geben kann. Und nicht immer verhält man sich in solchen Situationen angemessen.

*

Vor dem Hotel überlegte ich, wie ich unbemerkt hineingelangen würde. Musste ich das überhaupt? Seinen Namen kannte ich jedenfalls nicht. Und ich konnte mich unmöglich als Besucher von Zimmer 412 anmelden. Ich atmete auf, als ich hinter dem Tresen einen jungen Mann entdeckte, der mit Gästen beschäftigt war. Freundlich sah ich zu ihnen hinüber, lief aber zum Fahrstuhl und drückte erleichtert den Knopf in den vierten Stock.
Kaum schlossen sich die Türen, wurde ich nervös. Während ich gestern Nachmittag zu meiner Familie zurückgekehrt war, hatte er noch den ganzen Abend, die ganze Nacht vor sich gehabt. Was, wenn er eine andere Frau bei sich hatte? Dieser Gedanke war sehr ernüchternd. Sicher rechnete er nicht damit, dass ich wiederkommen würde.
Als ich aus dem Fahrstuhl stieg, hielt ich einen Moment inne und überlegte, kehrt zu machen, zur Arbeit zu fahren und ihn zu vergessen. In diesem Moment dachte ich wirklich, dass mir das leicht gelingen würde. Ich fühlte mich naiv, enttäuscht und spürte, wie meine Gefühle schwanden. Doch ein Mann trat aus einem der hinteren Zimmer. Er kam den Flur entlang und zwang mich, zu einer Entscheidung zu kommen. Vor Verlegenheit lief ich los, ihm entgegen, an ihm vorbei. 414, 413, 412. Ich klopfte leise.

*

Was ging mir durch den Kopf, als ich vor diesem Zimmer stand und wartete? Erwartete.
Er würde die Tür vor mir zuschlagen? Er würde mich an sich reißen? Er würde sprachlos vor mir stehen, überrascht, mich wiederzusehen? Würde er mich überhaupt erkennen?
Vielleicht war er abgereist und ein Fremder öffnet die Tür. Vielleicht wäre das besser gewesen. Aber so war es nicht. Ich sitze hier und muss weinen, weil sich genau in diesem Moment mein Leben entschieden hat. Und ich frage mich, warum kann man das Glück nicht ohne das Unglück haben?